Chili – Brathähnchen mit Gemüse und Ananas
Der Herbst ist nun angebrochen und es gibt nur mehr wenige Farbtupfer in meinem Gemüsebeet: Neben den letzten roten und gelben Paradeiserfrüchten sowie den blauen Borretschblüten leuchtet besonders intensiv das Rot der Chilischoten. Erst vor wenigen Wochen haben sie sich schlagartig verfärbt und sind nun zur Ernte bereit. Ich habe die im Frühjahr bei Arche Noah erworbene Chilipflanze nicht ins Gemüsebeet umgesetzt sondern in einem großen Topf auf der sonnigen Terrasse aufgestellt. Diese ist zwar nicht überdacht, trotzdem war dort die Pflanze ein wenig mehr vor Wind und Regen geschützt als im freien Gartengelände. Leider ist das originale Schildchen mit der genauen Pflanzenbezeichnung verloren gegangen und ich habe mir den Sortennamen nicht gemerkt. Es handelt sich dabei in jedem Fall um eine relativ milde Sorte, da ich nicht besonders scharf essen mag. Es gibt eine Unmenge an Chilisorten – ein paar Tausend -, die jedoch alle angeblich auf nur 5 von den heute insgesamt knapp 30 bekannten wilden Sorten zurückgehen. Der Rest bleibt offensichtlich ungenützt.
Die Chili und auch die Pfefferoni gehören zur Gruppe der Paprika (capiscum). Es handelt sich so wie die Kartoffel und Paradeiser um Nachtschattengewächse, die zu Beginn der Neuzeit aus der Neuen Welt nach Europa gebracht wurden. Der Begriff Chili stammt daher auch aus der aztekischen Sprache. Die Schärfe der Chili kommt, wie allgemein bekannt ist, vom enthaltenen Capsaicin, wobei die Samen meist schärfer als das Fruchtfleisch sind. Betreffend Schärfegrad, der mittels Scoville-Scala gemessen wird, sind die Bedürfnisse der Menschen wohl recht individuell. Für Köchinnen und Köche ist es daher nicht leicht, es jedem recht zu machen. Diesbezüglich werde ich ein Erlebnis besonderer Art auf ewig in Erinnerung behalten, und zwar ein Abendessen im Restaurant von Kim Sohyi . Die Buchautorin, Hauben- und Fernsehöchin ist dabei höchstpersönlich von Tisch zu Tisch gegangen und hat jeden einzelnen Gast nach dem gewünschten Schärfegrad befragt. Es hat mich unglaublich beeindruckt, dass es am Ende für jeden Gast perfekt schien. Auf meine Frage, wie sie wüsste, was Aussagen wie “scharf” oder “weniger scharf” schlussendlich wirklich bedeuten, gab sie die Auskunft, dass sie dies anhand der jeweiligen menschlichen Konstitution einzuschätzen wüsste. Vielleicht liegt es daran, dass Frau Sohyi in Südkorea aufgewachsen ist und diesbezüglich einer völlig anderen Sozialisation unterliegt als wir Euopäer. Es hat mich in jedem Fall nachhaltig beeindruckt. Für alle anderen, die diese Gabe nicht besitzen, ist es vermutlich empfehlenswert, den Gerichten nur leichte Schärfe zu geben und für die individuelle Schärfung ein Schälchen frisch geschnittener Chilis bereit zu stellen.
Nun ist es an der Zeit, meine recht überschaubare Menge an Chilischoten zu ernten. Wer das Glück hat, größere Mengen ernten zu können, kann diese in Öl einlegen oder trocknen. Eine vermutlich exklusive Konservierungsart verbirgt sich hinter der Methode Chilifäden zum Selbermachen. Damit lässt sich sicherlich jeder Gast beeindrucken. Die Schärfe von Chili geht allerdings beim Trocknungsvorgang ein wenig verloren. Anders ist dies beim Einfrieren. Nach dem Auftauen werden die fleischigen Schoten zwar ein wenig matschig in der Konsistenz, behalten aber bei dieser Konservierungsmethode mehr Schärfe als beim Trocknen. In den mittleren Breiten Europas werden Paprika- und Chilipflanzen meist nach der Ernte entsorgt und im Folgejahr neu gzogen, da sie als wahre Sonnenanbeter nicht frostresistent sind. Sie bevorzugen vielmehr warme Temperaturen zwischen 15 und 30° Celsius. In ihrer urpsrünglichen Heimat in Mittel- und Südamerika wachsen Chilisorten aufgrund der vorherrschenden günstigen klimatischen Bedingungen das ganze Jahr über und können je nach Sorte sogar Jahrzehnte alt werden. Den wenigsten Menschen ist daher geläufig, dass sich Chilipflanzen sehr wohl zum Überwintern an einem frostfreien und hellen Ort eignen. Dazu empfiehlt sich ein kräftiger Rückschnitt, spärliche Wassergaben und regelmäßige Schädlingskontrolle. Um Schädlingbefall vorzubeugen, sollte das jeweilige Winterquartier nicht zu warm sein und die Raumtemperatur am besten zwischen 10 und 15° C liegen. Auch sollten die Pflanzen nicht zu spät ins Haus geholt werden. Sobald die nächtlichen Temperaturen unter 10° C fallen, ist es Zeit für die Übersiedelung. Wer im Besitz eines beheizbaren Glashauses ist, kann die optimalen klimatischen Bedingungen für weiteres Wachstum schaffen und vermutlich bei ausreichender Pflege, künstlichem Licht und manueller Unterstützung bei der Pflanzenbestäubung sogar im Winter ernten. Die Frage, ob sich die Mühen des Überwinterns lohnen, stellt sich für echte Gärtner und Hobbygärtner nicht. Ich werde es in jedem Fall einmal ausprobieren.
Auf kulinarischer Ebene hat die Chilipflanze ausgehend von Amerika Einzug in fast allen Küchen der Welt gehalten. Vom mexikanischen Chili con carne, über indisches Daal bis hin zu asiatischen Wokgerichten reicht das vielfältige Anwendungsgebiet der scharfen Schote. Eines meiner Lieblingsgerichte stammt hingegen von einem englischen Koch. Er hat es eigens für seine geliebte Frau kreiert. Und so geht es:
Brathähnchen mit süßsauerer Sauce á la Jamie Oliver
Zut.: 1 Hähnchen oder Hähnchenteile, Meersalz und schwarzer Pfeffer gemahlen, 1 Handvoll frische Petersilienblätter grob gehackt, 1 Stück Ingwer (ca. 4 cm) gerieben, rote und gelbe Paprikaschoten in grobe Stücke geschnitten, rote Zwiebeln oder Schalotten halbiert, 2 frische Chilischoten halbiert oder geviertelt, 1 reife Ananas grob-würfelig geschnitten, 1 TL Fenchelsamen zerdrückt, Olivenöl, 2 El Zucker, 6 EL Aceto balsamico
Zub.: Backofen auf 90°C vorheizen, Hähnchen würzen und mit Ingwer und Petersilie füllen bzw. bestreichen; Paprikaschoten und Zwiebel in eine Kasserolle legen, die Chilis, Ananasstücke und Fenchelsamen hinzufügen, etwas Olivenöl darüber träufeln, mit Salz und Pfeffer würzen und gut vermischen; das Hähnchen bzw. die Hähnchenteile obenauf legen, mit Öl bestreichen und im Backrohr etwa 90 Minuten braten; danach den Bratensaft abgießen und davon eine Sauce zubereiten: Dazu die Hälfte der Ananas-Gemüse-Mischung aus der Kasserolle nehmen und mit etwas Zucker, Aceto und wenig Salz pürieren, bei Bedarf mit Wasser verdünnen; die Sauce wird gemeinsam mit Reis oder Weißbrot zur Hähnchen-Gemüse-Pfanne gereicht.
(aus: Genial kochen mit Jamie Oliver, München 2002, S. 179)
Die Mühe der Zubereitung lohnt sich! Lasst es euch schmecken!
Das Rezept schaut aber lecker aus, das werde ich sicher nachkochen 🙂