Borretsch, Schnittlauch & Ringelblumen − Essbare Blüten
In meinem Garten hat sich die erste Ringelblumenblüte der heurigen Saison geöffnet, sie leuchtet in knalligem Orange. Nicht weit davon entfernt buhlen zahlreiche blaue Borretschblüten um Aufmerksamkeit. Beide Pflanzen haben sich durch Selbstaussat vermehrt und sind mir im Garten wie auch in der Küche herzlich willkommen.
Borretsch ist in kulinarischer Hinsicht für mich persönlich eine relativ neue Entdeckung. Erst letztes Jahr habe ich zum ersten Mal einen Setzling von der Arche Noah erworben und im Gemüsebeet ausgepflanzt. Die dichte Behaarung der stark strukturierten Blätter mag im ersten Augenblick ein wenig abschreckend wirken, aber wagt man sich an die Verkostung eines Blattes, dann überzeugt der erfrischend-gurkige Geschmack. Borretschblätter passen daher ausgezeichnet zum Gurkensalat, aber auch zu anderen Salaten. Das Tolle am Borretsch ist, dass nicht nur seine Blätter sondern auch seine Blüten verzehrbar sind. Diese sind mit ihrem süßen Blütenstempel sowohl Gaumenschmaus als auch mit ihrer intensiven Blaufärbung optischer Aufputz von Salaten, Aufstrichen, Drinks und Desserts. Einfach selber ausprobieren, denn der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt!
Aus dem Kräuterbeet lassen sich im Prinzip alle Blüten verwerten. Besonders mag ich die lilafarbenen Blütenköpfe vom Schnittlauch, die jeden Erdäpfelsalat aufwerten und jedes einfache Butterbrot verfeinern. Meine kleine Schnittlauchhecke, die ich zur Begrenzung des Gemüsebeets angelegt habe, trägt derzeit zahlreiche Blütenknopsen, die bereits am Aufspringen sind. Ich freu mich auf den charakteristischen Geschmack der typischen Lauchschärfe, unter die sich bisweilen eine überraschend süße Nuance mischt, sofern sich in den einzelnen Blütenkelchen Nektar angesammelt hat. Diesen Frohlockungen im Kräuterbeet kann ich natürlich nicht widerstehen und die ersten Blütenköpfe landen flugs auf unserem Frühstücksteller ganz nach dem Motto “pimp up my omelette”.
Neben dem Kräuterbeet liefert auch der herkömmliche Blumenschmuck von Balkon und Garten die eine oder andere verzehrbare Blüte. Darunter die eingangs erwähnte Ringelblume (calendula officinalis) aus der Familie der Korbblütler. Hat man sie einmal in den Garten geholt, sät sie sich zuverlässig von selbst aus, sofern man dies nicht rechtzeitig unterbindet. Ihren Namen hat sie von den gebogenen, sich ringelnden Samen erhalten. Da sie bereits seit dem Mittelalter in der Naturheilkunde Anwendung findet, ist ihr Einsatz in der Küche wenig überraschend. Die abgezupften Zungenblüten (der Rest der Blüte ist nicht verwendbar) sind weniger geschmacksintensiv sondern vielmehr ein farbiger Akzent am Teller. Schön finde ich den gemeinsamen Einsatz von Ringelblumen und Borretsch, denn die beiden Farben Gelb-Orange und Blau-Violett sind Komplementärfarben, d.h. sie stehen im Farbkreis einander gegenüber und sind daher anregend für die Augen. In getrockneter Form eignen sich die Ringelblumenblütenblätter für diverse Teemischungen und in reiner Form aufgegossen entfalten sie ihre heilenden Wirkstoffe bei Verdauungs- und Schlafstörungen. Auch im Garten wirkt sich die Ringelblume äußerst positiv aus, denn ihre Wurzelausscheidungen wehren lästige Nematoden ab. Damit ist die Ringelblume ein empfehlenswerter Partner im Gemüsebeet, zum Beispiel für Paradeiser und Paprika.
Noch ein praktischer Tipp: Alle Blüten werden bei Bedarf frisch geernet und ungewaschen verwendet. Allfällige Insekten werden ausgeschüttelt. Abschließen sei noch erwähnt, dass in naturnahen Wiesen und Rasen noch stets Löwenzahn und Gänseblümchen zu finden sind, die bekanntermaßen zu den essbaren Blüten zählen. Außerdem öffnen bereits an sonnenbeschienen Plätzen die Kornblumen ihre Knopsen. Noch nie verkostet?! Dann wäre jetzt der richtige Augenblick dafür! Möge also die kulinarische Welt ein wenig bunter werden!