Veilchen – Sirup
Überall in meinen Garten blitzen derzeit in den noch kahlen Blumen- und Staudenbeeten kleine blaue Veilchenblüten auf. Es sind Duftveilchen (viola odorata) wie die Probe mit der eigenen Nase bestätigt. Das Duftveilchen ist ein besonderes Veilchen: Wie der Name schon sagt, zeichnet es sich durch einen charakteristisch süßen Duft aus. Es blüht bei passender Witterung bereits im März und wird daher auch Märzveilchen genannt. Das Veilchen ist einer der Frühlingsboten schlechthin. Endlich hält damit der Frühling Einzug.
Das Veilchen siedelt sich am hellen Standort, bevorzugt an Gehölzrändern und Waldsäumen an. Es tritt generell im gemäßigten Klima auf und ist daher ein weit verbreitetes Phänomen auf der nördlichen Halbkugel. Es ist insofern besonders pflegeleicht, als es überhaupt keiner Pflege bedarf. Hat es sich einmal am geeigneten Standort angesiedelt, breitet es sich ganz von alleine aus. Dies ist über Ausläufer möglich, aber auch über Ameisen, die die Pflanzensamen weitertragen. Auch in meinem Garten haben sich die Veilchen mittlerweile gut verbreitet. Ameisen, haben sicher einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, denn sie sind in meinem Garten reichlich vertreten.
Das Veilchen ist bereits eine alte Pflanze. Es zählt sogar zu den Heilpflanzen und wurde als solche von der Antike bis ins Mittelalter geschätzt und bei diversen Leiden empfohlen. In der Folge geriet es in Vergessenheit und wurde erst viel später von keinem geringeren als Sebastian Kneipp wiederentdeckt, der es vor allem bei Atemwegserkrankungen wie Husten und Bronchitis empfahl. Dafür kann man die Wurzel, das Kraut sowie die Blüte verwenden.
Aufgrund seiner Heilkraft hat das Veilchen Eingang in so manch profanen wie religiösen Mythos gefunden. Die Antike kannte das Veilchen sowohl als Blume der Liebe als auch der Trauer und findet sich daher in mehreren Erzählungen wieder. Die meiner Meinung nach schönste Geschichte erzählt von einer Tochter des Atlas, die vor den Strahlen des Sonnengottes floh. Zeus erbarmte sich der scheuen Schönheit und verwandelte sie in ein Veilchen. Seitdem wächst dieses verborgen im lichten Gehölz. Mit diesem Mythos begründet sich aber auch die symbolische Bedeutung des Veilchens als Sinnbild für Demut und Jungfräulichkeit, die in der christlichen Symbolsprache auf Maria bezogen wurde und bis vor nicht allzu langer Zeit zur tugendhaften, sittsamen Ermahnung junger Mädchen verwendet wurde. In diesem Sinne findet sich nämlich noch im Poesiealbum meiner Mutter das folgende Gedicht als weiser Rat:
Sei wie das Veilchen im Moose/Sittsam, bescheiden und rein/und nicht wie die stolze Rose/die immer bewundert will sein.
Das Veilchen ist jedoch nicht nur aufgrund seiner Heilkraft und seines zarten Dufts, der naturgemäß von der Parfumindustrie entdeckt wurde, sondern auch für die Kulinarik interessant. Frisch gepflückt schmückt es als Augen- wie Gaumenfreude gleichermaßen Salate und Desserts. Mit Zucker kandiert bleibt das Veilchen ein paar Tage haltbar. Schon Kaiserin Sissi schwärmte für kandierte Veilchen, aber auch für Veilchensorbet, das sie besonders liebte und das als Halbgefrorenes ohne Milch angeblich Bestandteil ihrer kalorienarmen Diät war. Aroma wie auch Farbe der frisch gepfückten Blüten lassen sich am besten in Essigessenzen und Sirupe binden. Letzteres lässt sich dann zu Desserts weiterverarbeiten und aromatisiert je nach Belieben Parfaits wie auch Cremen und gibt so manchem Getränk einen exklusiven Kick. Erst vor ein paar Jahren war der feinblumige, zartlilafarbene Veilchenspritzer als elegantes Sommergetränk en vogue. Ich denke, dass ich diese Mode, die damals von kurzer Dauer war, diesen Sommer wiederbeleben werde. In jedem Fall mache ich schon mal vorsorglich einen Veilchensirup.
Bei der Herstellung von Veilchensirup kann man wie bei jedem anderen Blüten- oder Kräutersirup vorgehen (siehe den früheren Beitrag zu Rosen-Sirup). Als einfachste Zubereitungsart empfehle ich ausreichend Veilchenblüten zu pflücken – je mehr, desto besser -, diese in ein Porzellan- oder Glasgefäß zu füllen und mit 1/2 l kochendem Wasser übergießen, abgedeckt über Nacht ziehen lassen, danach abseihen, mit 1/2 kg Zucker aufkochen, den Saft einer Zitrone hinzufügen und in saubere Flaschen abfüllen; danach kühl und dunkel aufbewahren und jederzeit genießen.
Zubereitungsvariante: Veilchenblüten, Zitronenscheiben, Wasser und Zucker im Verhältnis von 1:1 vorbereiten. Zitronenscheiben zu den abgezupften Veilchenblütenblätter geben, dann den Zucker in heißem Wasser auflösen und die klare, leicht abgekühlte Flüssigkeit über die Blüten gießen. Eventuell an Stelle der Zitronenscheiben den Läuterzucker mit Zitronensäure versetzen (mittlerweile gibt es auch Sirupzucker, das ist ein mit Zitronensäure im richtigen Verhältnis vermengter Zucker); 24-48 Stunden stehen lassen, abseihen und entsprechend abfüllen.
Bewertung: Es ist immer ein magischer Augenblick, wenn Zitronensaft bzw. Zitronensäure der Flüssigkeit zugesetzt wird, da sich dadurch die Farbgebung intensiviert. Mit meinem Sirup bin ich heuer nicht ganz so zufrieden – zumindest was seine Farbgebung betrifft. Die angesetzte Flüssigkeit hatte nämlich nach erster toller Blaufärbung schlußendlich einen zu hohen Gelbanteil, was auch die Zitrone nicht mehr retten konnte. Vermutlich lag es daran, dass ich nicht alle Grünteile von den Blütenköpfen entfernt und nicht die Blütenblätter einzeln abgezupft habe. Schwierig ist außerdem, den zarten Duft im Sirup zu binden, wobei die verwendete Veilchenblütenmenge sicherlich ausschlaggebend ist. Wie schon gesagt, diesbezüglich gilt das Prinzip: “Je mehr, desto besser”. In jedem Fall hat der Veilchensirup eine blumige Note und aromatisiert jedes Glas Wasser. Nach der ersten nicht ganz so geglückten Tranche an Veilchensirup habe ich einen zweiten Versuch gewagt und dieses mal die Blütenblätter fein säuberlich abgezupft und von jeglichem Grün befreit. Und siehe da – Es hat perfekt funktioniert. Noch gibt es Veilchenblüten. Wer sie nicht im eigenen Garten hat, findet sie in der freien Natur. Probiert es doch selbst mal aus und sendet mir eure Erfahrungen. Gutes Gelingen!