Rote Rübe – lauwarmer Sommersalat
Derzeit sind die ersten roten Rüben (rote Bete) im väterlichen Gemüsegarten erntebereit. Im April ausgesät, haben die Rüben nun die Größe eines Tennisballs erreicht. Damit ist auch der Zeitpunkt gekommen, an dem sie das beste Aroma aufweisen. Je größer nämlich die Rüben werden, umso langweiliger wird ihr Geschmack. Nach dem ersten Probekochen mit dieser farbenfrohen Knolle, die es außerdem noch in weiß, gelb und orange, in runder oder länglicher Form gibt, bin ich absolut begeistert von ihrem zarten Eigengeschmack, der wider Erwarten nichts von seinem erdigen Geruch in sich trägt. Die rote Rübe ist daher aktuell meine ganz persönliche Neuentdeckung im heurigen Gemüsejahr.
In gärtnerischer Hinsicht ist die rote Rübe, die wie Mangold zu den Gänsefußgewächsen zählt, sehr unkompliziert. Sie bevorzugt einen humosen, eher schweren Boden sowie einen sonnigen Standort und gedeiht auch noch im Halbschatten. Eine kontinuierliche Feuchtigkeit ohne Staunässe, sowie regelmäßiges Hacken und Mulchen ist für das Wachstum förderlich. Für den Mittelzehrer empfiehlt es sich bei Aussaat eine stickstoffarme Kompostgabe, frischer Mist wird nicht vertragen. Der Anbau in Mischkultur mit Dille und Bohnenkraut ist von Vorteil. Die Aussaat kann ab April erfolgen und ist bis Ende Juli möglich. Mit dem Auspflanzen von vorgezogenen Pflanzen sollte bis Mitte Mai gewartet werden, also bis keine Nachtfröste mehr zu erwarten sind. Nach drei Monaten Wachstum kann bereits geerntet werden. Die rote Rübe lässt sich für einige Wochen im Kühlschrank lagern, im Sand eingeschlagen hält sie sich einige Monate. Zur Verwendung als Lagergemüse kann jetzt noch bis Ende Juni ausgesät werden. Dann ist die rote Rübe Ende Oktober zur Ernte bereit und kann für den Gebrauch im Winter eingelagert werden. In jedem Fall sollte das Gemüse vor dem ersten Frost geerntet werden.
Mit der roten Rübe, die selbstredend sehr gesund ist, verbinde ich an sich die kalte Jahreszeit. Der blättrig geschnittene, mit Krenstückchen und Kümmel im Glas sauer eingemachte Rote-Rüben-Salat ist meine einzige kulinarische Erinnerung aus Kindheitstagen an dieses farbintensive Wurzelgemüse. Vermutlich habe ich diesen typischen Beilagensalat der österreichischen Küche damals nicht sonderlich gemocht – mein Favorit war vielmehr Karottensalat -, aber heute liebe ich diesen Klassiker. Diesen möchte ich keinesfalls als Beilage zu Faschierten Laibchen und Erdäpfelpüree (Frikadellen mit Kartoffelpüree) missen. Zum Stichwort rote Rübe assoziiere ich außerdem noch Heringsalat, der als Teil des traditionellen Heringschmauses für viele den Beginn der Fastenzeit einläutet und als Vorwand zum ungenierten Völlern dient, sowie Borschtsch, einen üppigen, in osteuropäischen Ländern verbreiteten Suppen-Eintopf. Damit erschöpfte sich bisher mein Wissen zur kulinarischen Verwertung dieses farbfrohen Speicherorgans. Die heutige, moderne Küche bringt jedoch neue Kombinationen und Geschmacksvariationen hervor und so hat sich auch mir mittlerweile eine neue Perspektive auf die rote Rübe erschlossen. Hilfreich war dabei das jüngst gekaufte Kochbuch “Gemüse als Hauptgericht” von A.-K. Weber (September 2017 im Becker Joest Volk Verlag publiziert), das Gemüse in den Mittelpunkt stellt, und zwar nicht mit fanatisch vegetarischer Ausschließlichkeit sondern mit großer Toleranz gegenüber Fleischessern. Darin habe ich folgendes Rezept zur Verarbeitung von roten Rüben gefunden, das ich weiterempfehlen möchte (oben genanntes Kochbuch, S. 72):
Rote-Rüben(Bete)-Gemüse mit Mangold und Schafskäse, serviert als lauwarmer Sommersalat:
Zutaten (für 2 Personen): 2 rote Rüben, 5 große Mangoldblätter, 2 kleine rote Zwiebel, 1 Handvoll Kirschen, 1 Handvoll geröstete Mandeln oder Mandelblättchen, etwas Olivenöl, 2-3 EL Rotweinessig, 2 EL Honig, 100 ml Wasser, Salz & Pfeffer, etwas Chili oder Chiliöl, 100 g Schafsweichkäse (Feta oder ähnliches)
Zubereitung: rote Rüben schälen und in grobe Stücke schneiden, Mangold grob in Streifen schneiden, Zwiebel schälen und in Scheiben schneiden, Krischen entsteinen und Mandeln in einer Pfanne anrösten; rote Rüben in etwas Olivenöl ca. 5 Minuten anbraten, Zwiebel zugeben und kurz mitbraten, mit einer Mischung aus Rotweinessig, Honig und Wasser übergießen und etwa 10 Min dünsten, bis die rote Rüben noch ein wenig kernig und nicht zu weich sind; Mangoldstiele hinzufügen und 3 Minuten weiter köcheln, bei Bedarf Flüssigkeit (Wasser und eventuell auch Essig) hinzufügen; Mangoldblätter und Kirschen untermengen und noch kurz mitdünsten; abschmecken und mit Schafkäsestückchen und Mandeln anrichten. Wer will, kann den lauwarmen Sommersalat als vegetarisches Hauptgericht genießen oder dazu ein kleines Rindersteak als Beilage reichen.
Tipp: Die roten Rüben sind aufgrund der Farbintensität des austretenden Gemüsesafts mit Vorsicht zu behandeln. Es empfiehlt sich Einweghandschuhe zu tragen und auch sonst Küchenpapier bei der Bearbeitung unterzulegen, damit die Oberfläche des Schneidebretts von dauerhaften Spuren veschont bleibt. Das grüne Blattwerk, besonders von den jungen Knollen, muss nicht zwangsläufig am Kompost landen sondern kann ebenfalls verwendet werden, z.B. für Salate und Smoothies.
Bewertung: Das zarte Aroma des Erdgemüses harmoniert überraschend gut mit dem salzigen Geschmack vom Käse, der fruchtigen Süße der Kirschen und der mehr oder weniger ausgeprägten Schärfe von Chilischöten oder Chiliöl. Ein vollwertiges und mehr als interessantes Gericht! Also, auf in den Garten und jetzt noch rote Rüben für die Herbsternte aussäen!